„Die Worte waren da – doch der Mut fehlte.“

Heute begleiten wir Lisa durch einen turbulenten Bürotag – und erleben, wie schnell Kommunikation zur Herausforderung werden kann.

Rätselstorys, die dein Kommunikationswissen auf das nächste Level bringen!

Entdecke spannende Mini-Geschichten, löse das Rätsel – und lerne dabei, wie Kommunikation wirklich funktioniert.

#KommunikationVerstehen #RätselMitMehrwert #StoryLearning

„Die Worte waren da – doch der Mut fehlte.“

#Rätselstory #Kommunikationswissen #Konfliktmanagement #Lesedauer: 2,5 Minuten

Donnerstag, 10:03 Uhr.
Lisa sitzt konzentriert an ihrem Schreibtisch. Sie hat gerade die neue Excel-Vorlage für das Monatsreporting geöffnet, als ihr Chef, Herr Schneider, ins Büro stürmt.

„Lisa, wo ist die Auswertung vom letzten Quartal?“

Lisa schaut auf. „Ich dachte, die brauchen Sie erst morgen?“

„Was?! Ich habe doch gestern gesagt, ich will sie heute!“, schreit er.

Lisa zuckt zusammen. „Ich… ich kann sie gleich fertig machen.“

„Gleich?! Ich brauche sie jetzt!“, brüllt er und schlägt die Tür zu.

Lisa bleibt sitzen. Starr.
Ihre Kollegin Julia schaut kurz rüber, sagt aber nichts.
Lisa tippt weiter – mit zitternden Händen.
Sie macht keine Pause. Sie trinkt keinen Kaffee.
Sie kontrolliert jede Zahl dreimal.

Alle sind schon nach Hause gegangen, als sie spät am Abend die Auswertung auf den Schreibtisch ihres Chefs legt.

Am nächsten Tag kommt Herr Schneider früh ins Büro.
Lisa ist auch schon da. Sie blickt schüchtern auf und sagt leise: „Guten Morgen, Herr Schneider“.
Er nickt nur und verschwindet in seinem Büro. Über den Bericht verliert er kein Wort mehr.

Lisa fragt auch nicht nach. Sie fragt gar nichts mehr.
Sie spricht nur, wenn sie dazu aufgefordert wird und vermeidet jede Diskussion.
Sie hat Angst, etwas falsch zu machen.

Die Kolleg:innen spüren die Spannung – aber niemand spricht darüber.

„Die Worte waren da – doch der Mut fehlte! – der Podcast“

#Rätselstory #Kommunikationswissen #Konfliktmanagement #Dauer: 5,20 Minuten incl. Lösung!

Rätselfrage an Hörer:innen

Was ist hier eigentlich passiert?

Klar, da ist ein gestresster Chef und eigentlich ist er das Problem, aber ihr sollt euch überlegen, wie hätte Lisa aus eurer Sicht reagieren können, um die Situation besser zu meistern.

Wenn ihr Lust habt selbst eine Lösung zu finden, dann solltet ihr nach der Geschichte kurz die Pause-Taste drücken.

Lisa möchte nicht länger schweigen

Einige Tage später beschließt Lisa, so kann es nicht weitergehen.

So meldet Sie sich zu einem Workshop mit dem Titel: „Konflikte klären mit Herz und Verstand“ an.


Die Trainerin erzählt von einer ähnlichen Szene – und zeigt, wie man mit einer einfachen Selbstmitteilung aus einer Erstarrung herauskommt.

Lisa schreibt sich einen Satz auf, den Sie das nächste Mal verwenden möchte:

„Ich merke gerade, dass ich überfordert bin. Ich brauche einen Moment.“


Schon am nächsten Freitag ist es so weit. Herr Schneider kommt wieder ins Büro und
fragt scharf: „Haben Sie die Zahlen für das Meeting?“

Lisa spürt, wie ihr Herz schneller schlägt.
Aber diesmal sagt sie ruhig:

„Ich merke gerade, dass ich überfordert bin. Ich brauche einen Moment, um die Zahlen zu prüfen.“

Herr Schneider schaut überrascht – sagt aber nichts.
Lisa atmet tief durch.
Sie prüft die Zahlen.

Dann geht sie zu ihm und sagt: „Hier sind die aktuellen Zahlen. Ich habe sie gerade noch einmal abgeglichen.“

Er nickt und bedankt sich.

Zum ersten Mal seit Tagen ist der Ton ruhig.
Lisa spürt: Sie hat etwas verändert.

 

Wenn aus Angst die Stimme versagt!

Erklärung: Was passiert, wenn Kommunikation laut wird?

Psychologische Sicht: Wenn der Körper übernimmt

Lisa erlebt eine plötzliche, laute Konfrontation.
Ihr Chef ist emotional überfordert – vielleicht gestresst, vielleicht enttäuscht.
Lisa fühlt sich angegriffen, verunsichert, hilflos.
Sie reagiert mit Rückzug und Anpassung.
Das ist ein typisches Muster bei emotionaler Überforderung:
Fight – Flight – Freeze.

📘 „Fight – Flight – Freeze“ nach Anita von Hertel

In ihrem Buch „Warum wir miteinander streiten“ beschreibt Anita von Hertel diese drei Reaktionsmuster als automatische Schutzmechanismen:

  • Fight (Kampf):
    Konfrontation, Lautstärke, Verteidigung.
    → Das ist Herr Schneiders Muster.
  • Flight (Flucht):
    Rückzug, Vermeidung, Schweigen.
    → Lisa kommt später, meidet Diskussionen.
  • Freeze (Erstarren):
    Blockade, Sprachlosigkeit, Starre.
    → Lisa sagt nur: „Ich… ich kann sie gleich fertig machen.“

Diese Reaktionen sind nicht bewusst gesteuert – sie passieren automatisch.
Sie schützen kurzfristig, verhindern aber langfristig echte Kommunikation.

Neurologisch: Was passiert im Körper?

  • Die Amygdala erkennt Gefahr.
  • Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin werden ausgeschüttet.
  • Der präfrontale Cortex – zuständig für Denken und Sprache – wird blockiert.
  • Lisa kann nicht mehr klar denken oder reagieren.
    Sie erstarrt.
    Später meidet sie die Situation – ihr Körper bleibt in Alarmbereitschaft.
    Sie kontrolliert alles doppelt – aus Angst vor erneutem Anschreien.

Tipps für den Alltag

Wenn du die „Lisa“ bist (Freeze-Muster):

  1. Atme tief durch: Das beruhigt dein Nervensystem.
  2. Nutze eine Selbstmitteilung: „Ich merke gerade, dass ich überfordert bin. Ich brauche einen Moment.“
  3. Sprich später an, was passiert ist
    „Der Ton hat mich verunsichert. Ich wünsche mir, dass wir ruhig sprechen können.“

Wenn du der „Herr Schneider“ bist (Sender der Botschaft):

  1. Reflektiere deinen Ton: Was willst du wirklich sagen?
  2. Sprich über deine Bedürfnisse: „Ich brauche den Bericht dringend.“
  3. Entschuldige dich, wenn du laut warst:
    „Es tut mir leid, dass ich laut geworden bin. Das war nicht hilfreich.“

Special: Raus aus der Erstarrung!

Eine wirkungsvolle Übung für alle, die in schwierigen Situationen das Gefühl haben zu erstarren, bzw. nicht wissen, was sie sagen sollen!

 Übung: „Mein Satz für den Notfall“

Ziel der Übung: Wieder handlungsfähig werden!

Du lernst, in stressigen Momenten einen einfachen Satz zu sagen, der dich aus der Erstarrung holt und dir hilft, wieder handlungsfähig zu werden – ohne zu kämpfen oder zu fliehen.

Schritt 1: Erkenne den Auslöser

Beantworte für dich folgende Fragen schriftlich oder laut:

  • In welchen Situationen fühle ich mich wie erstarrt?
  • Was passiert körperlich (Herzklopfen, Atem, Muskelspannung)?
  • Was denke ich in dem Moment?
  • Was würde ich gerne sagen – traue mich aber nicht?

Beispiel:
„Wenn mein Chef mich laut kritisiert, spüre ich Herzklopfen und kann nichts sagen.
Ich denke: Ich darf nichts falsch machen.“

Schritt 2: Formuliere deinen persönlichen Notfall-Satz

Wähle einen Satz, der deinen Zustand beschreibt, keine Schuld zuweist und Raum schafft.
Nutze einfache Ich-Botschaften. Hier einige Vorlagen:

  • „Ich merke gerade, dass ich überfordert bin. Ich brauche einen Moment.“
  • „Ich bin gerade unsicher, wie ich reagieren soll. Ich würde gern kurz nachdenken.“
  • „Ich spüre gerade Stress. Ich möchte kurz durchatmen, bevor ich antworte.“

Wähle einen Satz, der zu dir passt – und schreibe ihn auf eine Karte oder in dein Handy.

Schritt 3: Übe deinen Satz laut

  1. Sprich deinen Satz laut aus – zuerst allein, dann vielleicht mit einer vertrauten Person.
  2. Wiederhole ihn 5–10 Mal, bis er sich natürlich anfühlt.
  3. Vielleicht hilft es dir, ihn in deiner Lieblingsfarbe an der Wand zu visualisieren oder ihn zu deiner Lieblingsmusik laut zu singen. Wenn du es schaffst dabei zu lächeln, bist du auf einem guten Weg!
  4. Dann stell dir dabei eine typische Stresssituation vor und wiederhole ihn wieder 5-10 Mal, bis du dich sicher fühlst. Gerne kannst du dir auch einen Zettel anfertigen, den du mitnehmen kannst. (Nur so für dich)

Beispiel:
Du sitzt am Schreibtisch, dein Chef kommt rein und fragt scharf: „Wo sind die Zahlen?!“
Du sagst laut: „Ich merke gerade, dass ich überfordert bin. Ich brauche einen Moment.“

Schritt 4: Nutze den Satz im Alltag

Wenn du das nächste Mal in eine stressige Situation kommst:

  1. Atme tief durch.
  2. Erinnere dich an deinen Satz.
  3. Sprich ihn laut aus – ruhig und klar.

Du wirst merken:
Der Satz bringt dich aus der Erstarrung, in die Selbstverantwortung und zurück in die Kommunikation.

Bonus-Tipp: Dein Satz für verschiedene Situationen

Du kannst dir auch mehrere Sätze vorbereiten – je nach Kontext:

  • Für Meetings: „Ich bin gerade unsicher, ob ich das richtig verstanden habe. Darf ich kurz nachfragen?“
  • Für Kritik: „Ich merke, dass mich der Ton gerade stresst. Ich würde gern kurz sammeln, bevor ich antworte.“
  • Für Konflikte: „Ich spüre gerade Spannung. Ich möchte gern ruhig darüber sprechen.“

Analyse mit Kommunikationsmodellen

1. Schulz von Thun – Vier-Ohren-Modell

Herr Schneider sendet: „Wo ist der Bericht?“
Lisa hört mit dem Beziehungsohr: „Du bist unzuverlässig.“
→ Der Ton überlagert den Inhalt. Die Beziehungsebene verletzt.

2. Paul Watzlawick – Axiome der Kommunikation

„Man kann nicht nicht kommunizieren.“
→ Lisas Schweigen ist Kommunikation – es zeigt Rückzug.

„Kommunikation ist Ursache und Wirkung.“
→ Der Ton des Chefs löst Lisas Verhalten aus – und umgekehrt.

3. Transaktionsanalyse

Herr Schneider spricht aus dem „kritischen Eltern-Ich“: „Du hast versagt!“
Lisa reagiert aus dem „angepassten Kind-Ich“: „Ich bin schuld.“
Keiner ist im „Erwachsenen-Ich“, das sachlich und lösungsorientiert wäre.

4. Riemann-Thomann-Modell

Herr Schneider: sach- und kontrollorientiert.
Lisa: harmonie- und sicherheitsorientiert.
→ Unterschiedliche Grundmuster führen zu Konflikten.

5. Gewaltfreie Kommunikation (GFK)

Herr Schneider hätte sagen können: „Ich bin gestresst, weil der Bericht fehlt. Ich brauche ihn dringend.“
Lisa hätte sagen können: „Ich fühle mich überfordert, wenn Sie laut werden. Ich möchte respektvoll angesprochen werden.“

6. NLP-Kommunikationsmuster

Herr Schneider nutzt ein dominantes Muster: laut, direkt, fordernd.
Lisa filtert das durch ihre eigene Erfahrung – vielleicht wurde sie früher oft kritisiert.
→ Das verstärkt ihre emotionale Reaktion.

Empfehlung für Führungskräfte

Wenn du als Chef diese Szene oder eine ähnlich beobachtest, kannst du aktiv zur Lösung beitragen.

 1. Die betroffene Person (Lisa) stärken – im Einzelgespräch:

„Ich habe gestern mitbekommen, dass der Ton im Gespräch mit Herrn Schneider sehr angespannt war und dass du danach sehr still warst. Was brauchst du gerade? Du musst nicht sofort reagieren. Ich bin da, wenn du sprechen möchtest.“

2. Den Sprecher (Herrn Schneider) sensibilisieren – im Einzelgespräch:

„Mir ist aufgefallen, dass du gestern sehr laut geworden bist. Kann es sein, dass du wegen des Meetings ziemlich unter Stress standest?
Was brauchst du von mir, damit du zukünftig in solchen Situationen ruhiger bleiben kannst?“

3. Teamimpuls geben:

– Mini-Workshop: „Was passiert bei Stress im Körper?“
– Impulsrunde: „Wie erkenne ich Freeze bei Kolleg:innen?“
Kommunikationsregel einführen: „Selbstmitteilungen sind erlaubt und erwünscht.“

4. Vorbild sein:

– Selbst ruhig bleiben in Stressmomenten
– Eigene Gefühle benennen
– Raum geben statt Druck machen

Weiterführende Literatur

  • Peter Modler: Mit Ignoranten sprechen: Wer nur argumentiert, verliert – Gesprächsstrategien dominanter Persönlichkeiten verstehen
  • Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden 1–3 – Verständlich und praxisnah erklärt er die vier Seiten einer Nachricht und das innere Team.
  • Friedrich Glasl: Selbsthilfe in Konflikten – Ein praktisches Handbuch zur eigenständigen Konfliktbearbeitung mit klaren Methoden und anschaulichen Fallbeispielen.
  • Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation – Ein praktischer Leitfaden für einfühlsame und klare Gespräche.
  • Friedemann Schulz von Thun: Reden als Führungskraft – Kommunikationspsychologie für Führungskräfte, die bewusst und wirkungsvoll mit ihren Teams sprechen wollen.