
„Und plötzlich ist sie unsichtbar…“
Eine Rätselstory, die dein Kommunikationswissen auf das nächste Level bringt!
Diesmal geht es um ein Team Meeting, in dem einiges schiefläuft. Löse die Rätselaufgabe – und lerne dabei, wie Kommunikation wirklich funktioniert und wie du deinen Umgang damit, gezielt verbessern kannst.
#KommunikationVerstehen #RätselMitMehrwert #StoryLearning
„Und plötzlich ist sie unsichtbar…“
#Rätselstory #Kommunikationswissen #Konfliktmanagement #Lesedauer: 2,5 Minuten
Es ist Dienstagmorgen. Die wöchentliche Projektsitzung im großen Besprechungsraum startet pünktlich. Die Stimmung ist angespannt, aber produktiv. Einige sitzen, die anderen stehen um den großen Tisch, als Herr Schröder, der Teamleiter, das Wort ergreift.
„Also, das Projekt bei der Müller GmbH ist super gelaufen. Danke an Tom für die schnelle Umsetzung und an Lisa für die Präsentation. Wirklich stark.“
Sandra, die in den letzten zwei Wochen viele Überstunden gemacht hat, um die technische Umsetzung zu ermöglichen, schaut irritiert. Sie hatte die entscheidenden Schnittstellen programmiert, ohne die das Projekt gar nicht hätte starten können.
Sie räuspert sich leise. „Ich hatte ja auch noch die API-Anbindung fertiggestellt, damit die Daten überhaupt fließen konnten.“
Herr Schröder nickt knapp, schaut aber schon wieder in seine Unterlagen. „Ja, ja. Gut. Weiter im Text.“
Sandra wird rot im Gesicht. Ihre Kollegin Lisa wirft ihr einen kurzen Blick zu, sagt aber nichts. Tom schaut auf sein Handy. Niemand reagiert.
In der Pause sitzt Sandra allein in der Küche. Als Lisa hereinkommt, sagt sie: „War wohl nicht so wichtig, was ich gemacht habe.“
Lisa zuckt die Schultern. „Ach, Schröder ist halt so. Nimm’s nicht persönlich.“
Sandra sagt nichts mehr.
In den nächsten Tagen wirkt sie zurückgezogen, bringt sich weniger ein. Beim nächsten Meeting fehlt sie krankheitsbedingt.
Rätselaufgabe an die Leser:innen:
Hier ist kommunikativ einiges schiefgelaufen! Betrachte die Reaktion aller Beteiligten und entwickele Szenarien bzw. Vorschläge, wie der Teamleiter und das Team es hätten besser machen können bzw. wie sie nun damit umgehen sollten.
„Und plötzlich ist sie unsichtbar…“
#Rätselstory #Kommunikationswissen #Teamkonflikt #Dauer: 3:12 Minuten
Rätselfrage an Hörer:innen
- Was denkst du – wie fühlt sich Sandra nach der Besprechung?
- Wie hätten ihr Chef und ihre Kollegen/-innen besser in der Situation reagieren können?
- Und wie sollten diese anschließend mit der Situation umgehen?
Erklärung: Was ist da passiert?
Psychologisch betrachtet: Die Macht der Nichtbeachtung
Sandra hat sich stark engagiert – und wurde öffentlich übergangen. Das ist kein harmloses Versehen, sondern ein emotionaler Schlag. Menschen brauchen Anerkennung, besonders wenn sie sich über das normale Maß hinaus einsetzen. Wird diese Leistung ignoriert, entsteht das Gefühl: „Ich werde nicht gesehen. Ich bin nicht wichtig.“
Das kann verletzend sein – und führt oft zu Rückzug oder innerer Kündigung.
Neurologisch betrachtet: Stressreaktion im Gehirn
Wird jemand öffentlich ignoriert, reagiert das Gehirn ähnlich wie bei körperlichem Schmerz. Das sogenannte „soziale Schmerzsystem“ wird aktiviert. Das limbische System – insbesondere die Amygdala – schlägt Alarm. Stresshormone wie Cortisol werden ausgeschüttet. Die Folge: Sandra fühlt sich bedroht, obwohl keine direkte Kritik geäußert wurde.
Analyse mit Kommunikationsmodellen
Paul Watzlawick – „Man kann nicht nicht kommunizieren“
Herr Schröder hat durch sein nicht nennen und dann sein „Ja, ja. Gut. Weiter im Text.“ kommuniziert: „Sandras Beitrag war für ihn nicht relevant.“ Auch wenn er es nicht so meinte – seine Nichtbeachtung war eine starke Botschaft.
Schulz von Thun – Vier-Ohren-Modell
Sandra hörte die Aussage mit dem „Beziehungs-Ohr“: „Du bist mir nicht wichtig.“
Herr Schröder sprach vermutlich nur mit dem „Sach-Ohr“: „Ich nenne die sichtbaren Ergebnisse.“
Das Missverständnis entsteht, weil beide auf unterschiedlichen Ebenen kommunizieren.
Transaktionsanalyse
Sandra sendet eine „Kind-Ich“-Botschaft: „Ich habe mir Mühe gegeben.“
Herr Schröder antwortet aus dem „Eltern-Ich“: „Weiter im Text.“
Es fehlt die „Erwachsenen-Ich“-Ebene, auf der Anerkennung stattfindet.
Lisa und Tom bleiben im „Angepassten Kind-Ich“: „Ich sage lieber nichts.“
Riemann-Thomann-Modell
Sandra zeigt Nähe- und Dauerorientierung: Sie sucht Anerkennung und Stabilität.
Herr Schröder agiert distanziert und sachlich – mit starker Sachorientierung.
Die unterschiedlichen Grundbedürfnisse kollidieren.
Gewaltfreie Kommunikation (GFK)
Sandra hätte sagen können:
„Ich bin enttäuscht, weil ich mir viel Mühe gegeben habe und das nicht erwähnt wurde. Ich wünsche mir, dass mein Beitrag auch gesehen wird.“
Doch dafür braucht es ein sicheres Umfeld – das hier offensichtlich fehlt.
Lisa hätte sagen können:
„Ich habe gemerkt, dass du enttäuscht warst. Ich finde, dein Beitrag war wichtig.“
Herr Schröder hätte sagen können:
„Ich habe deinen Beitrag übersehen – das tut mir leid. Danke für deine Arbeit.“
NLP-Kommunikationsmuster
Herr Schröder fokussiert auf sichtbare Ergebnisse (Präsentation, Umsetzung), nicht auf Prozesse. Sandra denkt prozessorientiert.
Ein gründlichere Recherche hätte geholfen: „Was war nötig, damit das Ergebnis möglich wurde?“
Tipps für den Alltag
Für die übergangene Person (Sandra):
- Gefühle benennen: Statt sich zurückzuziehen, offen sagen: „Ich habe mich übergangen gefühlt.“
- Ich-Botschaften nutzen: „Ich habe viel Zeit investiert und hätte mich über eine Erwähnung gefreut.“
- Nachfragen: „Ist Ihnen bewusst, dass ich die Transfer-Schnittstelle programmiert habe?“
Für die Führungskraft (Herr Schröder):
- Leistung sichtbar machen: Auch „unsichtbare“ Beiträge würdigen – z. B. technische Grundlagen.
- Feedback einholen: „Habe ich jemanden vergessen zu erwähnen?“
- Teamkultur fördern: Raum schaffen für ein vertrauensvolles Miteinander, indem gegenseitige Anerkennung gelebt wird.
Für die Kollegin (Lisa):
- Empathie zeigen: „Ich finde, dein Beitrag war wichtig.“
- Solidarität ausdrücken: „Ich hätte dich auch erwähnt.“
- Offenheit fördern: „Wollen wir das mal gemeinsam ansprechen?“
Empfehlung für Führungskräfte
Wenn du als Führungskraft beobachtest, dass jemand still oder betroffen reagiert:
- Sprich die Person später direkt an: „Ich habe gesehen, dass du still warst – war da etwas?“
- Hole die Leistung nachträglich ins Licht: „Sorry, dass ich vergessen habe, dich zu erwähnen. Mir ist bewusst, dass gerade du, jede Menge Überstunden wegen des Projekts machen musstes. Danke, dass du die komplexe Schnittstellensoftware so schnell programmiert hast – ohne dich wäre das Projekt nicht so reibungslos abgelaufen.“
- Fördere eine Team-Kultur, in der Beiträge regelmäßig sichtbar gemacht werden – z. B. durch kurze Wochenrückblicke. Schaffe ein vertrauensvolles Miteinander, indem die Teammitglieder nicht wegsehen, wenn der Chef offensichtlich einen kommunikativen Fehler begangen hat, sondern sich trauen ihn richtig zu stellen.
Weiterführende Literatur
- Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden 1–3 – Verständlich und praxisnah erklärt er die vier Seiten einer Nachricht und das innere Team.
- Friedrich Glasl: Selbsthilfe in Konflikten – Ein praktisches Handbuch zur eigenständigen Konfliktbearbeitung mit klaren Methoden und anschaulichen Fallbeispielen.
- Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation – Ein praktischer Leitfaden für einfühlsame und klare Gespräche.
- Friedemann Schulz von Thun: Reden als Führungskraft – Kommunikationspsychologie für Führungskräfte, die bewusst und wirkungsvoll mit ihren Teams sprechen wollen.
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